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Kinderschutz in der Lebensmittelwerbung erweitert

Die deutsche Lebensmittelwirtschaft erweitert ihre Selbstverpflichtungen für Lebensmittelwerbung. Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) hat heute die entsprechende überarbeitete Fassung der „Verhaltensregeln des Deutschen Werberats über sämtliche Formen der kommerziellen Kommunikation für Lebensmittel“ vorgestellt, die am 1. Juni 2021 in Kraft treten.

Keine irreführende Werbung an unter 14-Jährige richten

Generell wird mit den kommenden Verhaltensregeln der Schutz, den bisher Kinder unter zwölf Jahre genießen, auf Minderjährige unter 14 Jahre ausgeweitet. Außerdem beinhalten die Neuregelungen, dass bestimmte Punkte explizit nicht mehr in der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation an unter 14-Jährige hervorgehoben werden dürfen. Das beinhaltet zum Beispiel auch das Anpreisen positiver Eigenschaften von Lebensmitteln, deren Nährstoffe oder Substanzen in übermäßiger Aufnahme im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung nicht empfohlen werden.

Konkrete Beispiele sind Aussagen wie „unter Zusatz wertvoller Vitamine und Mineralstoffe“ oder „hoher Vollkornanteil für körperliche Leistungsfähigkeit“. Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbands Deutschland, erklärt: „Die Selbstverpflichtung der Wirtschaft ging bereits deutlich über die gesetzlichen Vorgaben hinaus. Die jetzige Erweiterung ist ein weiterer Baustein des umfangreichen Maßnahmenkatalogs, den die deutsche Lebensmittelwirtschaft freiwillig umsetzt, um einen aktiven Beitrag für einen gesünderen Lebensstil zu leisten.“

Die Verhaltensregeln des Deutschen Werberats umfassen bereits jetzt unter anderem das Verbot einer direkten Kauf- und Konsumaufforderung. Auch Werbung, die den Eindruck erweckt, der Verzehr eines bestimmten Lebensmittels sei für eine ausgewogene Ernährung unersetzlich, ist zu unterlassen. Ebenso sind Inhalte und Darstellungen verboten, die dem Erlernen eines gesunden, aktiven Lebensstils entgegenwirken. Diese regeln gelten nicht allein für die Komunikation durch Unternehmen im TV, sondern auch allen anderen Medien. Ebenfalls müssen die Regeln im Radio und auf sozialen Medien durch Firmen und auch Influencer eingehalten werden.

Logo Lebensmittelverband Deutschland

vzbv-Chef Müller kritisiert Werbewirtschaft

In der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ hat der Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv) Klaus Müller den Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) scharf kritisiert. Er wirft dem ZAW ein „durchsichtiges Täuschungsmanöver“ vor. Der ZAW „nimmt lediglich kosmetische Korrekturen vor, die Kinder und Jugendliche weiterhin nicht wirksam schützen werden“, Müller.

„Auch weiterhin will sich die Wirtschaft erlauben, ungesunde Lebensmittel mit einem hohen Zucker-, Fett- und Salzgehalt an Kinder zu vermarkten“, so Verbraucherschützer Müller mit Blick auf die Ankündigung des ZAW, sich ab Juni neue Verhaltensregeln aufzuerlegen. „Sie verspricht lediglich, dies nicht mehr in Kombination mit Gesundheitsversprechen zu tun. Unklar ist zudem, ab wann genau der Zucker-, Fett- und Salzgehalt so hoch ist, dass die neue Regel greift“, sagte der vzbv-Chef. Die Gestaltung von Verpackungen sei überhaupt nicht von den Regeln erfasst. „Das ist ein Armutszeugnis.“

Kritik richtet sich auch an Ministerin Klöckner

Bundesernährungsministerin Julia Klöckner hatte in der jüngeren Vergangenheit häufiger auf das Problem hingewiesen, Werbung dürfe Kinder nicht dazu verleiten, sich ungesund zu ernähren. Auch sie hatte auf eine Verschärfung der Verhaltensregeln gepocht. „Kinder werden jetzt deutlich besser geschützt”, sagt sie nun nach der Anpassung der Verhaltensregeln. Das reicht den Verbraucherschützern von Foodwatch noch nicht. „Bundesministerin Klöckner täuscht die Öffentlichkeit, indem sie die marginale Anpassung einer freiwilligen Selbstverpflichtung als großen Wurf verkauft“, sagte Foodwatch-Expertin Luise Molling. ALlerdings habe Klöckner bei Nicht-Einhaltung der Verhaltensregeln auch bereits eine staatliche strengere Regulierung nicht ausgeschlossen.

ZAW ist mit Umsetzung einverstanden

„Wenn ein Influencer auf Instagram im Auftrag eines Unternehmens Lebensmittel an Unter-14-Jährige bewirbt, hat auch er diese Regeln voll und ganz zu beachten“, sagte die Geschäftsführerin des Deutschen Werberats, Katja Heintschel von Heinegg. Die Zielgruppe von Werbung könne man anhand der Sprache verwendeter Elemente identifizieren. „Auch kinder- oder jugendaffine Testimonials seien oftmals ein Indiz“, schreibt Absatzwirtschaft.de.

Allerdings relativiert der ZAW auch die harsche Kritik einiger Verbracuherschützer: „Unser Job ist, Kinder nicht dazu zu verleiten, sich ungesund zu ernähren.“ Aber: die Werbewirtschaft könne nicht anstelle der Eltern die Erziehung übernehmen.