Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbands Deutschland und der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, blickt mit großer Sorge auf die Entwicklung im Handel und sieht eine historische Herausforderung. Minhoff sagte der „Heilbronner Stimme“: „Wir befinden uns in der größten Krise seit 70 Jahren. Ernteausfälle, Lieferengpässe durch Corona, Krieg in der Ukraine, mögliche Gasknappheit. Und alle sind betroffen, die gesamte Lebensmittelwertschöpfungskette, Logistik und Transport, Zulieferbranchen, Verpackungsindustrie. Wenn wir über Systemrelevanz sprechen, muss man diese ganze Kette auch immer mitdenken – Lebensmittel brauchen Rohstoffe, die meisten benötigen eine Verpackung und selbstverständlich müssen sie auch transportiert werden.“
Benötigt wird ein Plan für „stabile Energieversorgung“
Minhoff fügte hinzu: „Vor einigen Jahren haben wir aus Nachhaltigkeitsgründen in der Lebensmittelbranche umgestellt auf Gas – das ist jetzt das Resultat. Wir brauchen dringend einen funktionierenden Plan für eine stabile Energieversorgung.“ Er betonte: „Über fünf Millionen Menschen arbeiten in der Lebensmittelbranche. Ich will nicht, dass auch nur einer von denen wegen einer nicht funktionierenden politischen Strategie um seinen Job fürchten muss.“
Minhoff warnt davor, bestimmten Lebensmitteln eine Art Systemrelevanz zuzusprechen: „Die Debatte über Systemrelevanz im Lebensmittelbereich ist unsäglich. Ich möchte der Politik dringend davon abraten, so massiv in den Markt einzugreifen und die Verbraucher dahingehend zu bevormunden, dass der Staat entscheidet, was wir noch essen dürfen und was nicht und dass der Staat entscheidet, wer weiter arbeiten darf und wer seinen Job verliert. Der ganze Sektor ist systemrelevant und muss entsprechend bedacht werden. Anstatt also zu überlegen, wer eine Energieversorgung verdient hat und damit auch überleben kann und wer nicht, sollten sich die Oberen endlich darum kümmern, dass sich diese Frage gar nicht stellt, weil wir genügend Gas zur Verfügung haben werden.“
Nachhaltiges Wirtschaften meint optimale Ressourcennutzung
Der Verbandschef sagte auch: „Fakt ist – es geht nicht mehr ohne nachhaltiges Wirtschaften, sprich ohne optimale Ressourcennutzung. Aber tatsächlich muss man sich die Frage stellen, ob jetzt die richtige Zeit ist, um eine Quote von 30 Prozent Ökolandbau auszurufen. Viele Landwirte haben nicht die Kapazitäten, sich jetzt um eine schnelle Umstellung zu kümmern. Und ob die Verbraucher dann die Bereitschaft zeigen, diese Anstrengungen zu honorieren und noch mehr für Lebensmittel zu zahlen, ist auch fraglich.“