Seit dem 1. Januar gilt in Deutschland ein Verbot von Einweg-Plastiktüten mit einer Wandstärke von 15 bis 50 Mikrometern. Die sogenannten „Hemdchenbeutel”, die weitgehend in Obst- und Gemüseabteilungen Verwendung finden, sind davon ausgenommen. Sowohl Bund als auch Umweltorganisationen begrüßen das Verbot. Während es der Deutschen Umwelthilfe zufolge aber ausgeweitet werden sollte, die Regierung allerdings gute Gründe, dies weiter anbieten zu dürfen.
Der Verbrauch sehr dünner Beutel stieg zuletzt erheblich
Das statistische Bundesamt (Destatis) schreibt, dass sehr leichte Kunststofftragetaschen mit einer Wandstärke von weniger als 15 Mikrometern von dem Verbot ausgenommen sind. Auf Basis von Eurostat-Daten teilt Destatis mit, dass ihr Verbrauch hierzulande zwischen 2018 und 2019 deutlich von 688 Millionen auf 3,65 Milliarden Stück anstieg. Damit verbrauchte 2019 jede Person in Deutschland im Schnitt 44 solcher Tüten, in denen beispielsweise Obst und Gemüse abgewogen wird. 2018 waren es noch 8 gewesen.
Ein Vergleich von 16 EU-Staaten zeigt, dass die sehr dünnen Plastiktüten in Deutschland bereits vergleichsweise sparsam verwendet werden. So lag der Pro-Kopf-Verbrauch in Litauen 2019 bei 280 Plastiktüten, in Tschechien bei 235 und in Lettland bei 213. Belgien und Ungarn sind beim Plastiktütensparen schon deutlich weiter: Dort lag der Pro-Kopf-Verbrauch 2019 nur noch bei 7 beziehungsweise 20 Plastiktüten.
Deutsche Umwelthilfe kritisiert die Ausnahme
Nach Einschätzung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) belegt die Verbrauchszahl dünnwandiger Plastiktüten eindrücklich, dass deren Ausnahme vom Plastiktütenverbot ein fataler Fehler ist. Die DUH fordert deshalb von Bundesumweltministerin Steffi Lemke eine Ausweitung des Plastiktütenverbots auch auf dünnwandige Plastiktüten. Hierzu sagte die Stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz:
„Die heute veröffentlichten Zahlen zur milliardenfachen Nutzung dünnwandiger Plastiktüten zeigen, dass deren Ausnahme vom geltenden Plastiktütenverbot ein schweres Versäumnis ist. Es kann nicht sein, dass auf der einen Seite große Plastiktüten verboten und gleichzeitig das kostenlose Angebot kleinformatiger Tüten in nahezu allen Supermärkten schulterzuckend hingenommen wird. Deshalb ist es wichtig, dass Umweltministerin Lemke die dünnen Tüten sofort verbietet. Obst und Gemüse, das in kleine Plastiktütchen passt, kann auch problemlos in Mehrwegtaschen und -netzen untergebracht werden.”
Bereits jetzt gibt es praktische wiederverwendbare Mehrwegnetze für Obst, Gemüse und Backwaren. Solche Netze gibt es aus Biobaumwolle oder auch aus Kunststoff. Sie sind extrem robust, können hundertfach eingesetzt werden und sparen bei jeder Wiederverwendung die Neuherstellung einer Einwegtüte ein. Einige Supermärkte haben das Gewicht von Mehrwegnetzen inzwischen in das Kassensystem integriert und ziehen es beim Wiegen automatisch ab. Die DUH rät Verbraucherinnen und Verbrauchern zudem, nicht auf Einweg-Papiertüten auszuweichen.
Der Bund argumentiert pro „Hemdchenbeutel”
Die sehr dünnen „Hemdchenbeutel“ sind weiterhin erlaubt. Für diese Beutel mit weniger als 15 Mikrometer Wandstärke sieht die entsprechende EU-Richtlinie Ausnahmen vor. Sie dienen dem hygienischen Umgang mit gekauftem Obst oder Gemüse und beugen der Verschwendung von Lebensmitteln vor. Außerdem könnte ein Verbot dieser Tüten die Hersteller motivieren, mehr Produkte standardmäßig in Plastik zu verpacken. Zudem gibt es kaum umweltfreundliche Alternativen. Die Bundesregierung verfolgt den Ansatz, dass insgesamt weniger Verpackungen zum Einsatz kommen.