Mittlerweile hat sich die Zahl der coronainfizierten Mitarbeiter beim Schlachtbetrieb Tönnies in Rheda Wiedenbrück auf 650 erhöht. Das ist ein erschreckender Wert – gerade wenn es sich dabei um ein Unternehmen aus dem Lebensmittelbereich handelt. Bereits in der Vergangenheit wurde die gesamte Fleischbranche aufgrund der vermehrt auftretenden Fälle stark kritisiert. Die Verband jedoch wies die Anfeindungen zurück. Die Branche halte sich an alle Regeln und allein konzentrierte Fälle von ein bis zwei Fleischereien werfen das schlechte Licht auf ein ganzes Lebensmittelsegment. Doch dieser erneut drastische Anstieg an Fallzahlen veranlasst zu weiteren Fragen.
Tönnies – vier von fünf Tests positiv
Schon Ende April flammten die Diskussionen um die hohen Coronakranken in der Fleischbranche hoch. Aktuelle Nachrichten könnten das Fass zum Überlaufen bringen. Über 650 infizierte Mitarbeiter in der Produktion des Fleischzerlegers Tönnies. „1.050 Proben haben Mitarbeiter des Kreises Gütersloh mit Unterstützung des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und des Malteser Hilfsdienst (MHD) am Dienstag im Unternehmen genommen. Aktuell liegen 983 Befunde vor, davon sind 657 positiv“, gibt der Kreis Gütersloh bekannt. Das ist besorgniserregend. Das gibt Anlass, die Maßnahmen des Betriebes zur Eindämmung des Virus seien nicht zur genüge umgesetzt. Das Unternehmen meint, es habe alles getan, um die Viren nicht weiter ausgreifen zu lassen. Die Temperaturen am Arbeitsort wie auch die Reiselockerungen haben das jedoch drastisch erschwert. Eine Vereinbarung der Hygienemaßnahmen mit der Arbeit im Schlachthof sei laut Virologin Isabella Eckerle, so ein Tagesschau-Bericht, zusätzlich schwer.
Der Kreis schaltet sich ein
Eine Pressemitteilung des Kreises Gütersloh von Dienstag sagt: „Um das Risiko von weiteren Infektionen in betroffenen Betriebsteilen zu verringern, hat die Tönnies dem Kreis zugesagt, den Personaleinsatz signifikant zu verringern, um die Abstände bei der Arbeit zu vergrößern.“ Sven-Georg Adenauer hatte Vertreter der Firma Tönnies zum Gespräch aufgefordert. Jetzt, da die Infektionszahlen so drastisch gestiegen sind, hat der Kreis am Mittwoch sogar eine Schließung verfügt. „Der Kreis Gütersloh hat der Firma Tönnies die unverzügliche Schließung des Schlachtbetriebes angeordnet. Im Übrigen wird die weitere Produktion in den betroffenen Betrieben auf dem Gelände unverzüglich zurückgefahren.“ Dennoch geht die Produktion weiter – wenn auch Teile des Betriebes tatsächlich aussetzen.“
Ein Schritt zurück
Darüber hinaus hat der Kreis Gürtersloh wieder einen Schritt weg von der Normalität genommen, den der Rest des Landes sonst geht. Bei den Coronatests des Kreises Gütersloh in der Zerlegung der Firma Tönnies sind vier von fünf Abstrichen positiv gewesen. Krisenstabsleiter Thomas Kuhlbusch hatte daher am Mittwochmorgen umgehend den Corona-Krisenstab einberufen. Im Laufe des Vormittags kamen über die ‚normalen‘ Wege – Abstriche unabhängig von der Testung des Kreises – 20 weitere positive Proben hinzu. Mit weiteren positiven Befunden ist zu rechnen. In den aktuellen, vom Kreis täglich veröffentlichten Zahlen, die sich jeweils auf den Zeitpunkt 0 Uhr beziehen, sind diese positiven Befunde noch nicht enthalten. Auch wenn es keinen generellen Lockdown gibt, werden die Schulen und Kitas im Kreis wieder geschlossen.
Krise tropft Öl auf das Feuer des Familienstreits Firmenführung
Das Manager-Magazin zitiert ein Schreiben von Mitgesellschafter Robert Tönnies an die Geschäftsführung: „Aufgrund dieses unverantwortlichen Handelns und der Gefährdung des Unternehmens und der Bevölkerung fordere ich die Geschäftsleitung und die verantwortlichen Beiratsmitglieder auf, die notwendigen Konsequenzen aus ihrem Tun zu ziehen und geschlossen von Ihren Ämtern zurückzutreten. Die Führung des Unternehmens muss so schnell wie möglich einem erfahrenen und verantwortungsbewussten Krisenmanagement übertragen werden.“ Die Fehde läuft bereits seit Jahren. Deren Basis sind vor allem Gelder und Kreditlinien, Mitarbeiterverträge und Tierwohl.
Bauernverband fordert Beseitigung von Missständen in Schlachtbetrieben
Nach der Teilschließung des Schlachthofs in Rheda-Wiedenbrück schlägt der Bauernverband Alarm. „Die Fleischwirtschaft muss arbeitsfähig bleiben. Dafür steht sie aber auch in besonderer Verantwortung, die Dinge schnell in Ordnung zu bringen“, sagte der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Bernhard Krüsken, der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Donnerstag). „Für die Landwirte ist wichtig, dass die Schlachtung in Deutschland aufrecht erhalten bleibt. Es geht um Transportwege, um Tierschutz und am Ende um ein hochwertiges Lebensmittel, das auch solches behandelt werden muss.“