Einmal mehr gehen die Meinungen zur Frage: Mundschutzpflicht beim Einkauf – ja oder nein? in Deutschland weit auseinander. Wir bündeln die verschiedenen Standpunkte der vergangenen Tage und versuchen ein vorläufiges Fazit.
Bundesländer denken nach, Bundesregierung ist zurückhaltend
Eine Pflicht zum Tragen eines Mundschutzes in Supermärkten nach dem Vorbild Österreichs ist in Deutschland derzeit noch kein Thema. Ein solcher Schutz sei „vielleicht eine sinnvolle Ergänzung zu den ohnehin geltenden Hygieneregeln“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Dies dürfe aber nicht dazu führen, „dass sich ein falsches Sicherheitsgefühl einstellt“ und die Regeln wie Abstand halten, Hände waschen und Kontakte vermeiden nicht mehr eingehalten würden.
Ministerpräsident Markus Söder aus Bayern dagegen stellt fest, dass ihn der Gedanke einer Mundschutzpflicht nach österreichischem Vorbild schon beschäftigt. Konkrete Pläne allerdings gibt es noch nicht. Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält einen Mundschutz beim Einkaufen für sinnvoll, will ihn momentan aber noch nicht zur Pflicht machen. „Dazu müssen wir erst die ausreichende Zahl an Masken haben, ohne dass der vorrangige Einsatz im medizinischen und pflegerischen Bereich beeinträchtigt wird. Dieser hat absolute Priorität“, konstatiert Kretschmann auf Anfrage.
Außenminister Maas dagegen ist offen für Verpflichtung
„Wenn es Sinn macht, sollte man so etwas nicht ausschließen“, sagte er in einem „Bild“-Interview. Für ihn sei dabei entscheidend, dass die Masken geeignet sind. „Es nützt nichts, sich irgendwas ins Gesicht zu hängen, was überhaupt keine Schutzwirkung entfaltet“, stellt der Minister fest. Während also die Bundesregierung sich nicht festlegt und in den Ländern nachgedacht wird bzw. dem medizinischen und pflegerischen Bereich der Vorrang gegenüber der allgemeinen Bevölkerung eingeräumt wird, positioniert sich die Bundesärztekammer eindeutiger.
Ein Mundschutz verhindert eine Ansteckung anderer
Die Wissenschaftler der Bundesärztekammer erklären, dass ein einfacher Mundschutz kaum Schutz vor Infektionen bietet. Ist jemand allerdings schon erkrankt, lässt sich durch das Tragen eine Ansteckung anderer jedoch verhindern. Sinnvoll ist das präventive Tragen also auf jeden Fall. Zumal viele Menschen gar nicht wissen, ob sie bereits infiziert sind oder nicht. Ein einfacher Mundschutz verhindert somit eine unkontrollierte Ausbreitung. „Beim Sprechen, Husten oder Niesen setzen wir Tröpfchen frei. Wenn man etwa ein Stück Tuch vor dem Mund habe, würden die großen Tröpfchen abgefangen“, sagte der Chef-Virologe der Berliner Charité, Christian Drosten. Dieser Argumentation folgend, spricht sich der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, dafür aus, Masken zu tragen.
Ausdrücklich wird auch empfohlen, auf selbst gebastelte Masken zurückzugreifen. Quer durch die gesamte Repulik nähen Freiwillige derzeit an Stoffmasken. Ganze Netzwerke haben sich etabliert und versuchen, den herrschenden Mangel auszugleichen. Eine großartiges Zeichen von Solidarität und Hilfsbereitschaft. Allerdings versuchen einige schwarze Schafe nach wie vor, aus der Not Kapital zu schlagen und bieten ihre Masken zu unverschämt hohen Preisen auf diversen Plattformen an.
Und was war jetzt mit Jena?
In der thüringischen Stadt Jena soll nächste Woche das Tragen eines Mund-und-Nasen-Schutzes in Verkaufsstellen, dem öffentlichen Nahverkehr und Gebäuden mit Publikumsverkehr verpflichtend werden. Die Thüringer Landesregierung jedoch ist auf Distanz zur Entscheidung der Stadt Jena gegangen. „Die Landesregierung ist der Überzeugung, dass wirkungsvollen Schutz derzeit vor allem die Einhaltung des Abstandsgebots und die signifikante Reduzierung physischer Kontakte bieten“, sagte ein Regierungssprecher der Düsseldorfer „Rheinischen Post“.
Mundschutzpflicht beim Einkauf – ja oder nein? Bund, Länder und Städte tragen durch das Sprechen mit unterschiedlichen Stimmen zu diesem Thema eher zur Verwirrung denn zur Klarheit bei. Dabei wird ganz deutlich: Das Tragen eines Mundschutzes ist sinnvoll und ein Zeichen von Solidarität. Andere vor Ansteckung zu schützen ist immer ein überzeugendes Argument.