„Durch Art. 3 des Zweiten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise vom 29. Juni 2020 – Zweites Corona-Steuerhilfegesetz – werden vom 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2020 der allgemeine Umsatzsteuersatz von 19 Prozent auf 16 Prozent […] sowie der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent auf 5 Prozent […] gesenkt“, so lautet es auf der Internetseite des Bundesfinanzministeriums. Hintergrund der Maßnahme ist es, den Firmen finanzielle Unterstützung nach dem Lockdown zu bieten.
Ob die Unternehmen die Steuernachlässe einstreichen oder aber an den Kunden weitergeben, bleibt jedem selbst überlassen. Viele Kurzarbeiter sind nach Lohnausfall natürlich glücklich über gesenkte Preise. Was durchaus hilfreich gemeint war, und es auch sein kann, hat allerdings für viel Verwirrung und teilweise auch Ärger gesorgt.
Der Stein kam ins Rollen – doch zu welchem Preis
Einer hat begonnen, den Nachlass uneingeschränkt an den Kunden weiterzugeben. Löblich! Doch der Lebensmitteleinzelhandel kann sich in Zeiten der Pandemie nicht beklagen, da diese Branche – zumindest in der Anfangszeit und Hochphase – als großer Gewinner der Krise gilt. Wenn aber einer den Nachlass weitergibt, müssen bei der Konkurrenzlage die anderen notgedrungen mitziehen, was sie auch taten.
Kosten-Nutzenrechnung sehr fraglich
Doch damit kam auch das große Dilemma. Zahlreiche Kaufleute saßen am Schreibtisch vor Bergen tausender neu gedruckter Etiketten. Sie veranstalteten Nachtschichten, um pünktlich alle Artikel am Regal neu auszuzeichnen. Die Tagespreise wechseln weiterhin, Angebote werden wie immer zahlreich gemacht. Die Kassensysteme mussten angepasst werden. Der Umfang an Arbeitszeit und Papieraufwendung für diese Mehrwertsteuersenkung ist enorm. Und das Beste: das ganze darf pünktlich zum 31.12. – so der aktuelle Stand – wieder rückgängig gemacht werden.
Steuersatz in der Gastronomie wir noch verwirrender
Neben der Auspreisung und Umstellung der Kassen – also dem rRattenschwanz an Maßnahmen, um dem Gast die Mehrwertsteuersenkung mitzuermöglichen, sehen sich Gastronomen vor weiteren Problemen. Denn: Auf der einen Seite wurden Restaurants und Co. bereits Steuersenkungen von den üblichen 19 auf 7 % zugesagt. Schön und gut. Doch gilt ab dem 1. Juli darüber hinaus die Senkung von 7 auf 5 %? Teilweise. Vor Corona wurden Übernachtungen und Essen zum Mitnehmen mit 7 % besteuert, Frühstück im Hotel, Parken am Hotel sowie Essen und Trinken vor Ort mit 19 %. Neu ist: das Essen im Hause sinkt nach der Maßnahme wie vermutet von 19 auf 7 %, ok, das Trinken aber bleibt bei 19 %. Außer Haus-Lieferung und Übernachtung rutschen demnach von 7 auf 5 % und Getränke auf 16 % gemäß der allgemeinen Mehrwertsteuersenkungen. Mehr muss wohl nicht gesagt werden.
Gibt es den gewünschten Effekt?
„Insgesamt ist unsere Einschätzung nach sieben Wochen Steuersenkung verhalten: Sie hat unterm Strich kaum Nachfrageimpulse ausgelöst. Die meisten kleineren Einzelhandelsunternehmen im Nicht-Lebensmittel-Bereich liegen bei 60 bis 70 Prozent ihres Vorjahresumsatzes“, „, so Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), gegenüber der „Rheinischen Post“. Seiner Meinung nach blieben die Konsumenten verhalten, „weil viele in Kurzarbeit sind, sich um ihren Arbeitsplatz sorgen oder weil sie die Maske tragen müssen.“
Der Lebensmittelbereich hat allerdings auch hier einen gewissen Zuwachs bekommen, die sich in Nachfragesteigerungen äußerten. Jedoch sieht Genth nicht unbedingt die Mehrwertsteuersenkung als Anlass, sondern vielmehr, dass Menschen mehr Lebensmittel einkaufen, weil sie weniger essen gingen.