Informatiker der Uni Kassel haben eine Methode entwickelt, die Reifung der Ahle-Wurst – ein hessisches Kulturgut – mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) zu produzieren. In einer Testphase mit der Caldener Fleischerei übernimmt das System die die Reifung und Pflege der Wurst. Das Projekt soll auf die Produktion anderer Lebensmittel übertragbar sein und das hessische Handwerk stärken.
KI unterstützt langwierige Produktion
Die Ahle ist eine Kultwurst in Hessen. Für die echte „Stracke“ oder „Runde“ kommt es neben der Rezeptur vor allem auf die Reifung und Pflege an. Diese kann in Wurste- und Lehmkammern sowie auf alten Fachwerk-Dachböden Wochen und Monate dauern, wodurch sich ein intensives Aroma einstellt. Diese Herstellung bedarf allerdings viel Überwachung und Pflege. So wird jede reifende Wurst regelmäßig auf den Reifegrad geprüft und gegebenenfalls umgelagert. Eine gewisse Menge an Reifeschimmel ist wünschenswert, zu viel Schimmelbelag muss händisch abgewaschen werden. Hier ist die Erfahrung der Mitarbeiter gefragt.
Die Informatiker entwickeln in Kooperation mit der Landfleischerei Koch in Calden ein System, im dem eine Künstliche Intelligenz Nase und Augen der erfahrenen Fleischer unterstützt. Sensoren ermitteln Werte wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit in der Kammer sowie Wassergehalt oder PH-Wert der Würste und überspielen die Daten an einen zentralen Rechner. Ein Programm errechnet dann die nötigen Schritte und übermittelt sie an die Fachkräfte: Muss gelüftet werden? Stimmt der Wärme- und Feuchtigkeitshaushalt? Dabei erhält das System Rückmeldungen von den Fachleuten, die es wiederum einspeist und verarbeitet. So entwickelt sich das Programm weiter.
System vermutlich vielfach einsetzbar, erhöht Produktqualität und wirkt Fachkräftemangel entgegen
Prof. Dr. Klaus David, der an der Universität Kassel das Fachgebiet Kommunikationstechnik leitet und das Projekt steuert, erläutert: „Die Wurstproduktion ist ein gutes Reallabor, um Anwendungsmöglichkeiten von KI und Maschinellem Lernen für das Lebensmittel-Handwerk zu entwickeln. Ähnliche Systeme sind denkbar etwa für handwerkliche Bäckereien oder Käsereien.“
Katharina Koch, Inhaberin der Landfleischerei Koch, bestätigt den Nutzen für das Handwerk: „Funktioniert das System, kann das nicht nur die Qualität der Produkte erhöhen, sondern auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken.“
Das Projekt wird im Rahmen einer Machbarkeitsstudie durch das Förderprogramm Distr@l der Hessischen Staatskanzlei im Bereich der Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung mit rund 100.000 Euro gefördert. Es läuft über ein Jahr.
Titel: Katharina Koch und Immanuel König in der Reifekammer der Würste. Foto: Uni Kassel.