Nicht nur am Internationalen Tag der Biologischen Vielfalt, der bereits am 22. Mai begangen wurde, ist diese Zahl fatal und beängstigend: Dem Bericht des Weltbiodiversitätsrats von 2019 zufolge sind weltweit rund eine Million Arten vom Aussterben bedroht. Nach einer Studie des NABU und der Boston Consulting Group (BCG) wird der Wert der Verluste an Ökosystemleistungen auf über sechs Billionen Dollar pro Jahr geschätzt. Damit übertrifft er das Bruttoinlandsprodukt aller Länder außer den USA und China. Auch in Deutschland ist der Trend negativ. Der Verlust der Biologischen Vielfalt gehört neben dem Klimawandel zu den größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts – eine Herausforderung, der der vom Global Nature Fund (GNF) koordinierte Verein Food for Biodiversity entschlossen begegnen möchte. Sein Ziel: die konkrete Umsetzung von Maßnahmen, die den Schutz der Biodiversität messbar verbessern.
Ein breites Bündnis für Biologische Vielfalt
Die aktuell 25 Unternehmen, Verbände und Standardorganisationen sowie Umweltorganisationen und ein Forschungsinstitut haben sich auf einen Arbeitsplan verständigt, um einen Beitrag zu leisten, den Verlust von Arten und Lebensräumen zu stoppen. Alle im Verein organisierten Unternehmen verpflichten sich, biodiversitätsfördernde Maßnahmen zu unterstützen. Dazu gehört vor allem die Einhaltung von Kriterien zum Schutz der Biologischen Vielfalt bei der Produktion von landwirtschaftlichen Rohstoffen in allen Lieferketten. Auch das Schaffen von Anreizen für die Landwirtschaft, die faire Übernahme von Kosten für Schutzmaßnahmen und die Fortbildung von Landwirt*innen sowie Manager*innen der Lebensmittelunternehmen gehören zum Arbeitsplan. Alle Mitglieder profitieren von der Expertise und dem regen Austausch, denn diese große Herausforderung muss die Branche gemeinsam angehen.
Vielversprechender Einsatz des Basis-Sets für Biodiversität
Wesentlicher Bestandteil der Arbeit von Food for Biodiversity ist das Basis-Set an Biodiversitätskriterien: Dabei handelt es sich nicht um einen neuen Standard, sondern um ein von Vertreter*innen von Lebensmittelunternehmen, -standards, Landwirtschaft, wissenschaftlichen Institutionen und Umweltorganisationen im Rahmen des Vereins erarbeitetes Angebot an weitere Lebensmittel-Standards und Unternehmen: Sie sollen ihre Vorgaben mit dem Basis-Set vergleichen und – wenn notwendig – überarbeiten, um weitere wichtige Kriterien und Maßnahmen für den Schutz Biologischer Vielfalt zu integrieren. Die Umsetzung des Basis-Sets schafft z.B. die Grundlage für die Anlage und Erhaltung von naturnahen Habitaten wie Biotop-Korridoren und Gewässerrandstreifen. Von einigen der Projektpartner wird das Basis-Set an Biodiversitätskriterien bereits erfolgreich in Pilotprojekten umgesetzt:
- Kaufland finanziert Nützlingsstreifen mit eigens dafür konzipiertem Saatgut auf etwa 26 Hektar Kartoffelanbaufläche. Seit Kurzem wird die Maßnahme durch ein monatliches Monitoring von Zielarten wie Wildbienen und Schwebfliegen begleitet, um ihre Wirksamkeit zu bestimmen.
- Das Food for Biodiversity-Mitglied Zentis bezieht Pfirsiche und Aprikosen von größeren landwirtschaftlichen Betrieben mit insgesamt etwa 270 Hektar Anbaufläche in der Region Murcia in Südspanien. Hier fanden gemeinsam mit Expert*innen der Partnerorganisation Fundación Global Nature bereits Betriebsbegehungen statt, um das Potential für die Umsetzung biodiversitätsfördernder Maßnahmen zu evaluieren.
- In der Bodenseeregion engagieren sich jedes Jahr rund 150 Obstbaubetriebe für die Förderung der Biodiversität und speziell der Wildbienen. Mit fachlicher Unterstützung der Bodensee-Stiftung und der Obstbauberatung sowie mit finanzieller Unterstützung durch die REWE Group werden ein- und mehrjährige Blühflächen angelegt, Nisthilfen und Lebensräume für Wildbienen bereitgestellt und zahlreiche weitere Naturschutzmaßnahmen umgesetzt.