Gestern veröffentlichte die Heinrich-Böll-Stiftung gemeinsam mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) den „Fleischatlas 2021“. Neben Daten und Fakten und gerade wegen ihnen fordert er zudem eine grundlegende Umstrukturierung der Fleischproduktion und einen damit einhergehenden deutlichen Rückgang im Fleischkonsum.
Fleischproduktion: Natursünder und Ausbeuter von Arbeitern
„Die industrielle Fleischproduktion ist nicht nur für prekäre Arbeitsbedingungen verantwortlich, sondern vertreibt Menschen von ihrem Land, befeuert Waldrodungen, Pestizideinsätze und Biodiversitätsverluste – und ist einer der wesentlichen Treiber der Klimakrise. Alleine die fünf größten Fleisch- und Milchkonzerne emittieren mit 578 Millionen Tonnen so viel klimaschädliche Gase wie der größte Ölmulti (Exxon) der Welt und erheblich mehr als Frankreich oder Großbritannien“, mahnt Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung im Fleischatlas an.
Darüber hinaus zeigen Daten des Fleischatlas 2021, das s auch die Ausbeutung der Arbeitskräfte in dieser Branche ungebrochen sei. Auch wenn Deutschland mittlerweile dank der Gewerkschaften mit dem Ende der Leiharbeit und Werkverträge einen richtigen Weg einschlage, sei die ungebrochene Zunahme im Fleischkonsum und die vermutete Entwicklung erschreckend für Mensch und Umwelt. Schließlich seien die wirtschaftlichen Interessen der milliardenschweren Fleischindustrie ökonomisch bedeutend.
Fleischatlas 2021 gibt erschreckende Prognosen
Im neu veröffentlichten Fleischatlas 2021 ist beispielsweise zu lesen, dass die Produktion von Fleisch ohne Kurswechsel bis 2028 um 40 Millionen auf rund 360 Millionen Tonnen im Jahr steigen könnte. Eine derartige Entwicklung wäre nicht allein durch den zu hohen Pro-Kopf-Konsum für Mensch und Umwelt verheerend – sind doch 14,5 Prozent der globalen Emissionen den Angaben des Fleischatlas zufolge der Tierhaltung zuzuschreiben. Und nicht allein das durch die Zunahme benötigte Mehr an Raum befeuert den Artenschwund.
Umfragen ergeben ein deutliches Bild
Im Fleischatlas finden sich Bürgerumfragen, die ein Umdenken anzeigen. Demnach seien 70 Prozent der Befragten mit der Art der Fleischproduktion nicht einverstanden – sie wird gar abgelehnt. Darüber hinaus ernähren sich bereits 40 Prozent nur geringfügig von Fleisch. Auch der Anteil vegan lebender Menschen steigt stetig und erzielt in der Umfrage bei den 15 bis 29-Jährigen einen Wert von 13 Prozent (im deutschen Gesamtdurchschnitt etwa 7 Prozent).
Die Arbeitsbedingungen sind ebenfalls von 70 Prozent der Befragten als abstoßend empfunden worden, was nicht zuletzt auch durch die Nachrichten und Aufdeckungen in jüngster Vergangenheit gefördert wurde.
Politik ist gefordert
„Die Politik muss dem gesellschaftlichen Wunsch nach dem Umbau der Tierhaltung Rechnung tragen. Dies erfordert eine weitreichende politische Neuausrichtung der Agrarpolitik, aber die Agrarwende wird ohne eine Ernährungswende nicht zu schaffen sein. Niedrige Preise machen es den Bauern schwer, auf die gestiegenen Anforderungen nach mehr Umweltschutz und mehr Tierwohl zu reagieren. Daher sind die derzeitigen Proteste der Bauern gegen die Preispolitik des Lebensmitteleinzelhandels vollkommen richtig. Auch deshalb muss Frau Klöckner ihre Verantwortung wahrnehmen und die Ergebnisse des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung umsetzen. Denn damit würde eine tierschutzgerechte Tierhaltung endlich verlässliche finanzielle Grundlagen bekommen“, sagt BUND-Vorsitzender Olaf Bandt.
Auch in dieser Hinsicht schlägt Deutschland zumindest die richtige Richtung ein, indem Händler und Landwirte ins Gespräch treten, Ombudsstellen einrichten und zunächst im Bereich des Schweinefleisches Preisänderungen vornehmen. Man müsse sich da als einer der größten Erzeuger von Schweinefleisch in der EU seiner Verantwortung bewusst sein und könne große positive Auswirkungen herbeiführen.