Fehlende Niederschläge in Teilen Deutschlands könnten zu Einbußen bei der Getreideernte führen. „Wenn in den kommenden Tagen insbesondere in Ostdeutschland keine ergiebigen Niederschläge fallen, sind spürbare Ertragseinbußen wahrscheinlich“, erklärt der Getreidemarktexperte des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV), Guido Seedler. Er macht deutlich: „Im Osten Deutschlands fiel teilweise seit fünf Wochen kein nennenswerter Regen. Die Wasservorräte im Oberboden sind nahezu aufgebraucht.“ Auch im Norden und Westen Deutschlands werde das Wasser langsam knapp. Im Süden sei die Wasserversorgung in der Summe noch befriedigend bis gut. Vor diesem Hintergrund hat der DRV seine Ernteprognose leicht nach unten angepasst. Aktuell geht der Verband von einer Getreideernte in Höhe von 42,9 Millionen Tonnen und einer Rapsernte von 3,8 Millionen Tonnen aus. Das ist weiterhin ein durchschnittliches Ergebnis.
Weltweite Versorgungsbilanz fällt negativ aus
Kritisch bewertet der DRV die globale Entwicklung: Die ersten weltweiten Prognosen für die neue Getreideernte beinhalten ein Defizit von zirka 30 Millionen Tonnen. Diese Menge entspricht dem Wert des Dürrejahrs 2018. Grund für dieses schlechte Ergebnis sind in erster Linie die zu erwartenden Ernteausfälle in der Ukraine. Das Defizit könnte sich ausweiten, denn in den Versorgungsbilanzen werden noch erhebliche Getreideexporte aus der Ukraine berücksichtigt. „Ob die Mengen tatsächlich auf den Weltmarkt gelangen, ist aufgrund des andauernden Kriegs mehr als fraglich“, betont Seedler. Er macht deutlich: „Täglich wird weitere Transportinfrastruktur zerstört, und die Angriffe auf den wichtigen Umschlaghafen Odessa nehmen zu.“
Außerdem könnte die Ernte in anderen wichtigen Anbauregionen der Welt trockenheitsbedingt geringer ausfallen als prognostiziert. In Indien, weiten Teilen der USA, aber auch in europäischen Staaten wie Frankreich herrscht Wasserknappheit. Für Deutschland und Europa erwartet der DRV abgesehen von einzelnen Produkten wie Sonnenblumenöl derzeit keine Versorgungsengpässe. „In Dritte-Welt-Staaten mit einem hohen Importbedarf an Getreide befürchten wir allerdings Versorgungsengpässe“, erklärt Seedler.