Seit gut sechs Jahren ist ein „neuer“ Aldi-Markt an der Elmstraße ein Thema in der Elmstadt Schöningen. Doch bis heute wurde nicht mehr realisiert als ein massives Betonfundament. Das wird wohl auch in diesem Jahr so bleiben, denn bis heute wurde keine neue Baugenehmigung erteilt. Nach Baugenehmigung für 1200 Quadratmeter, Klage, Rückzug, neuem Bebauungsplan für 800 Quadratmeter Markt und den alten Einwänden gilt: Das Projekt läuft weiter – der Aldi-Markt soll nach wie vor gebaut werden.
Der Start in eine ungewisse Zukunft
Bereits 2015 war eine erste Baugenehmigung erteilt worden. 2016 war sie schon wieder passé. In jenem Jahr wurde einer Klage der Interessengemeinschaft (IG) Bebauungsplan Nahversorgungsmarkt – einer Gruppierung aus Anwohnern – gegen die Errichtung eines Marktes mit 1 200 Quadratmetern Fläche vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg stattgegeben. Somit war erst einmal Schluss. „Da Aldi mit den Bauarbeiten aber bereits begonnen hatte, bevor die erteilten Baugenehmigungen bestandskräftig waren, weil die Interessengemeinschaft vertreten durch ein Braunschweiger Anwaltsbüro Widerspruch gegen die Baugenehmigungen erhoben hatten und das Bauleitplanverfahren bis zum heutigen Tag auch nicht rechtlich beendet ist, hat Aldi auf eigenes Risiko gebaut“, schrieb der Ratsvorsitzende Markus Sobotta in einer Stellungnahme.
Aldi baut seit 2015 an einem neuen Markt an der Schöninger Elmstraße. Mittlerweile wurde das Bauvorhaben aufgrund einer Klage einer Interessengemeinschaft von Anwohnern von zunächst 1200 qm Verkaufsfläche auf 800 qm geändert. Doch weiterhin gibt es Einwände
Die Interessengemeinschaft brachte unzählige Punkte zum Tragen
Die Diskussionsgrundlage bildeten primär drei Punkte: die Ausweisung des Baugrundumfeldes als ein reines oder ein allgemeines Baugebiet. Aldi als Bauherr und die Stadt gingen von einem allgemeinen Baugebiet aus, welches geringere Lärmgrenzwerte bedinge. Allerdings habe ein allgemeines Baugebiet neben dem vorwiegend zum Wohnen genutzten Raum auch Versorgungsbereiche wie Läden und Handwerksbetriebe aufzuweisen. Dies war nach Angaben der IG und auch aus Sicht der Richter nicht der Fall. Zudem sei das Raumordnungsgesetz nicht eingehalten worden – das bedeutet, der Raumumfang des Gebäudes ist für ein Nicht-Kerngebiet der Stadt auf die Anwohner gerechnet zu groß gewesen. Es gab allerdings eine mehrseitige Liste mit verschiedenen Beanstandungspunkten.
Resultat war eine Neuauflage mit 800 Quadratmetern
Nach dem Urteil wurde das Bauvorhaben neu aufgerollt. Schöningens Alt-Bürgermeister Henry Bäsecke bestätigte: „Der Investor (Eigentümer ist Aldi, Anm. d. Red.) hat zugestimmt, dass der Markt zukünftig mit 800 anstatt der 1200 Quadratmeter Verkaufsfläche errichtet werden kann. Das bedeutet nicht, dass das Gebäude viel kleiner wird. Kürzlich haben wir die Unterschrift zur Umgestaltung erhalten.“ Er fuhr fort: „Nach einigen Gesprächen haben wir einen neuen Flächennutzungsplan ausgelegt und auch an die IG sowie deren Anwältin weitergereicht. Bedenken wurden aufgenommen und diese werden in der 20. Änderung des Planes im Rat abgewägt. Im Anschluss werden wir den Bebauungsplan anpassen und auch diesen zur Ansicht auslegen. Alle damals beanstandeten Punkte, die zur Rücknahme der Baugenehmigung führten, wurden in den neuen Plänen ausgemerzt. Demnach sehen wir dem neuerlichen Verfahren gelassen entgegen. Auch wenn ich fest davon ausgehe, dass eine weitere Klage folgen wird.“
Erneute Einwände zeigen altes Bild
Die geänderte Fassung „kranke“ an den gleichen Fehlern, schreibt die Anwältin der IG in der neuerlichen Stellungnahme. Das seien beispielhaft die Lärmemission, die Größe des Marktes von außen betrachtet (das Fundament soll bestehen bleiben) und die fragliche Notwendigkeit eines Nahversorgers in diesem Bereich. Das Verhältnis von Einwohner zu Quadratmeter Lebensmittelverkaufsfläche sei in Schöningen bereits sehr hoch. Außerdem lägen andere Märkte durchaus in erreichbarer Nähe. Sie sieht im Kern, trotz trotz verringerter Verkaufsfläche auf gleich großem Fundament, keine Unterschiede für die Anwohner zum ersten Entwurf. Es handele sich »lediglich um den Versuch der Firma Aldi, voreilig getätigte Invesitionen zu ›retten‹.“
Ein IG-Sprecher kann weitere Beispiele hinzufügen: „Die Frage zur Erreichbarkeit des Parkplatzes bei gegebener Verkehrssituation mit abknickender Vorfahrt ist ebenso fraglich wie die Löschwasserversorgung. Auch die tägliche Anlieferung, deren Zufahrt direkt an der Bergstraße entlangläuft, wird im Alltag sicher nicht erst ab 6 Uhr eingehalten werden und wesentlich früher passieren.“
Für Ingenieur Ablauf unverständlich
Ulrich Noack vom Architektur- und Ingenieursteam Noack und Sens, die als Entwurfsverfasser aufgeführt sind, ist das Vorgehen noch immer unverständlich: „Wir hatten die Baugenehmigung schon Mitte 2015 erhalten und durften demnach bauen. Zwischenzeitlich wurde das von einem Investor eingeleitete Projekt sogar schon an Aldi verkauft. Warum aber nach Monaten festgestellt wurde, dass es Fehler in der Baugenehmigung gebe, zentrumsnahe Richtlinien nicht eingehalten wurden, ist völlig unklar.“
Auf in Runde drei – deren zeitlicher Rahmen völlig offen ist
Nachdem die Auslegung des erneuerten Flächennutzungs- und Bebauungsplanes beendet ist und Einwände erbracht wurden, gehen die Gremien in erneute Beratungsgespräche und die rechtliche Prüfung. Aldi nimmt Stellung und schreibt, dass sich Flächennutzungsplan und Bebauungsplan momentan in der Abwägung befänden und noch nicht beschlossen seien.
„Wir möchten, dass letztendlich alles auf einem sauberen Fundament fußt. Das Verfahren geht jedenfalls – wenn auch im Hintergrund und aktuell aufgrund der Corona-Situation mit Halbgas – weiter “, so Malte Schneider – seit März neuer Bürgermeister der Stadt Schöningen – der in diesem Jahr auch kein finales Ergebnis für den Aldi in Schöningen und somit einen Baufortschritt vermutet. Auch Aldi selbst gibt keine zeitlichen Angaben. „Angesichts des offenen Beschlussstandes […] und aufgrund der momentanen Lage ist es auch nicht möglich, verbindlich zeitlich zu fixieren“, so ein Pressesprecher des Unternehmens, im aktuellen Stadtspiegel-Bericht