Der zweite harte Lockdown wurde bis zum 10. Januar befristet. Doch schon jetzt ist klar, dass dieses Datum nicht das Ende bedeutet. Auch bis Ende Januar werden die Non-Food-Einzelhändler, Gastronomen und einige Dienstleister ihre Türen geschlossen halten müssen. Damit ist sicher keiner der Gewerbetreibenden wirklich glücklich aber sie sind sich der dramatischen Situation bewusst und ziehen mit. Allerdings formieren sich immer mehr, die die Schließung nicht weiter akzeptieren. Die erst vorgestern gegründete Telegram-Gruppe „Wir machen auf – kein Lockdown mehr“ wächst stündlich.
Existenzen erhalten, Ansteckungen riskieren?
In der Telegram_Gruppe finden sich zahlreiche Gegner der Corona-Politik. Einige zählen zu den Leugnern und sogenannten „Schwurblern“. Andere allerdings nehmen teil, weil sie keinen anderen Ausweg sehen, als zu öffnen, um ihre Existenz zu sichern. In diesem Sinne suchen sie in der Gruppe zuspruch und tauschen sich untereinander aus. „Es geht hier weder um Querdenken, noch irgendwelche anderen Bewegungen, Seiten Kanäle … Ich bin ein einfacher Kosmetikstudio-Besitzer, der alles umsetzte, was erwartet wurde und am Ende seiner Existenz ist und die Nase voll hat.“
Befürworter und Gegner
Damit ist dieser Unternehmer nicht allein. Die Gruppe wuchs innerhalb von 24 Stunden auf über 50000 Teilnehmer und interessierte. Unter ihnen sind Gleichgesinnte aber auch Gegner dieser Bewegung gleichermaßen. Das sorgt natürlich für Streitigkeiten. Dennoch sehen sich viele in dieser Unternehmung bestätigt und erhalten viel Zuspruch. Die Plattform Xing zitierte einen Unternehmer, der fünf Intersport-Filialen managt und mittlerweile Millionenverlust einfährt. Die staatliche Unterstützung von 15000 Euro bringe im nichts.
Viele Händler verließen sich auf die Aussage von Gesundheitsminister Jens Spahn, der im September verlauten ließ: „Man würde mit dem Wissen heute, das kann ich Ihnen sagen, keine Friseure mehr schließen und keinen Einzelhandel mehr schließen. Das wird nicht noch mal passieren.“ Daraufhin gingen natürlich BEstellungen bei den Herstellern ein, deren Waren sich jetzt in den Lagern der Händler stapeln.
Unmut kommt nicht zuletzt ob der Tatsache, das der Sportartikelhändler – aber auch Elektronikgeschäfte – geschlossen bleiben müssen, während Aldi im Non-Food-Bereich Sportbekleidung anbietet oder die Elektrosparten bei Vollsortimentlern den Kunden zur Verfügung stehen.
Der Handelsverband fordert mehr Sicherheiten und konkrete Prognosen
Präsident des Handelsverbandes Bayern Ernst Läuger meint: „Es ist ein Skandal, dass der Handel in der Krise weiter allein gelassen wird. Denn die in der Vergangenheit groß angekündigten Milliardenhilfen für den stationären Handel kommen nicht zur Auszahlung.“ Der Grund: Die Zugangshürden sind viel zu kompliziert und zu hoch. Läuger: „Die Zeit der gebetsmühlenartig vorgetragenen Versprechen, man wolle auch dem Handel helfen, muss jetzt vorbei sein.“ Der HBE fordert deshalb für die Zeit der Geschäftsschließungen die Gleichbehandlung mit den Gastronomen. Der geschlossenen Gastronomie sollen 75 Prozent des entgangenen Umsatzes erstattet werden. Dies würde auch viele Händler retten.
„Der Druck auf dem Kessel wird täglich größer, weil immer mehr Händler sich von der Politik vollkommen im Stich gelassen fühlen.“ Deshalb wollen auch in Bayern Händler ihre Geschäfte trotz des Schließungsgebots öffnen. Dies zeigt die große Verzweiflung in der gesamten Branche. Von einem „Hilfeschrei“ spricht der Handelsverband Bayern. Den besten Beweis liefert eben auch die neu formierte Gruppe.
„Den Lockdown einfach nur zu verlängern und keinerlei Perspektiven oder Pläne für eine Wiedereröffnung der Geschäfte zu präsentieren, ist zu wenig. Die geschlossenen Handelsunternehmen brauchen jetzt klare Aussagen, unter welchen Bedingungen sie wann ihren Betrieb wieder aufnehmen können“, so Handelsverband-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Der Einzelhandel insgesamt erhielt im vergangenen Jahr 2020 Überbrückungshilfen in Höhe von 90 Millionen Euro. Der vom Lockdown betroffene Nonfood-Handel aber verzeichnete im selben Zeitraum 36 Milliarden Euro Umsatzminus durch die Pandemie und die damit verbundenen Schließungen. Die staatlichen Hilfen reichten dabei nicht einmal annähernd für die Begleichung der Fixkosten. Denn diese lagen bei den betroffenen Händlern gleichzeitig bei rund zwölf Milliarden Euro