Der faire Getränkehersteller Lemonaid hat schon wieder Ärger mit dem Verbraucherschutz – da seine Limonaden angeblich zu wenig Zucker enthalten. Lemonaid protestierte dagegen mit einer Julia-Klöckner-Statue aus Zucker vor dem Ernährungsministerium. Das lenkt jetzt ein.
Der Vorwurf
Das Verbraucherschutzamt der Stadt Bonn hatte zuvor gerügt. Lemonaids Bio-Limonaden, die mit jeder verkauften Flasche Sozialprojekte finanzieren, enthalten demnach weniger als die in den Leitsätzen vorgesehenen „mindestens sieben Gewichtsprozent“ Zucker für eine Limonaden. Es kündigte „weitergehende behördliche Maßnahmen“ an, sollte der Zuckergehalt so niedrig bleiben.
Die Antwort
Mit einer Guerilla-Aktion vor dem Ernährungsministerium hat Lemonaid reagiert – und einen Erfolg in der Behördenposse erzielt: Das Ernährungsministerium will nun eine Änderung der „Leitsätze für Erfrischungsgetränke“ vorantreiben, die einen Zucker-Mindestgehalt in Limonaden vorsehen.
Die Idee
Für Lemonaid wäre ein Erhalt der „7-Prozent-Grenze“ für Zucker ein großes Problem, da sie explizit angetreten waren, um „Limonade“ neu zu definieren und diesen Begriff auch per Keramikdruck unveränderlich auf Millionen Mehrwegflaschen angebracht haben. Gründer Paul Bethke: „Wir machen Limonaden, wie sie sein sollten: 100% Bio, aus fairen Zutaten, für einen guten Zweck – und mit weniger Zucker. Es ist doch Irrsinn, wenn das bestraft wird.“
Unverständnis, welches nun ein Aktivwerden forderte
Umso unverständlicher kam die Post aus Bonn, da es im letzten Jahr schon einmal Ärger für Lemonaid wegen „zu wenig Zucker“ gab: Der Hamburger Verbraucherschutz schickte eine Abmahnung, mit der Folge breiten gesellschaftlichen Gegenwinds und dem Versprechen der Politik, für eine Änderung der Leitsätze einzutreten.
Geändert wurde auf Bundesebene jedoch offensichtlich nichts – weshalb Lemonaid jetzt in die Offensive ging: Die Hamburger stellten am Mittwoch eine Julia-Klöckner-Statue aus Zucker vor dem Ernährungsministerium in Berlin auf – und klingelten bei der Ministerin. Ihr Ziel: bei einer kühlen Flasche Lemonaid persönlich mit Klöckner zu reden und sie zu überzeugen, dass „eine richtig gute Limo nicht viel Zucker braucht“, so Bethke.
Ein Überdenken ist erreicht
Zwar erschien die Ernährungsministerin nicht persönlich vor dem Ministerium, sondern ließ ihre Staatssekretärin und Pressesprecher reden. Die wirksame Aktion brachte aber offenbar Bewegung in den Streit. Das Medienecho auf den wiederholten Behördenirrsinn war groß und auch die Hamburger Politik stellt sich explizit an die Seite von Lemonaid stellte.
Die aktuelle Senatorin für Justiz und Verbraucherschutz der Hansestadt Anna Gallina (Grüne) schickte je ein Schreiben an Julia Klöckner und die für die Limonaden-Leitsätze zuständige Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission. Sie fordert darin eine Überarbeitung der gesundheitsschädlichen Zucker-Untergrenze – und hebt hervor, dass ihre Vorgängerin dies im letzten Jahr auch schon getan hat.
Das Ernährungsministerium möchte handeln
Der erfolgreiche Protest hinterließ beim Ernährungsministerium augenscheinlich Eindruck. Noch am gleichen Tag ging Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel vor die Mikrofone. Er verlautbarte: „Wir haben das klare Ziel, in Fertiglebensmitteln und auch Erfrischungsgetränken den Gehalt von Zucker zu reduzieren. […] Umso mehr haben wir die klare Erwartung, dass sich die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission der aktuellen Problematik nun zügig annimmt. Wir prüfen die entsprechenden Leitsätze.“
Ein klarer Erfolg also für Lemonaid – aber noch immer keine Rechtssicherheit. Gründer Paul Bethke sagt deshalb: „Es muss Schluss sein mit leeren Sonntagsreden der Politik für gesündere Lebensmittel. Wir fordern, dass diese wahnwitzige Zucker-Untergrenze jetzt endlich konkret gestrichen wird!“