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Die Kauflust der Kunden hält sich in Grenzen

Als Mitte April Händler mit bis zu 800 Quadratmeter Fläche in einigen Bundesländern und Städten ihre Geschäfte wieder öffnen durften, kehrten die ersten Käufer erwartbar wie verlässlich zurück. Zudem belegen Daten, dass seit der nahezu kompletten Öffnung in diesen Tagen immer mehr Menschen die einschlägigen Einkaufsstraßen dieser Republik wieder bevölkern. So misst beispielsweise das Portal Hystreet.com die Passantenfrequenz innerstädtischer Einzelhandelslagen und vermeldete für den letzten Samstag mit über 50.000 Passanten auf der Stuttgarter Königsstraße durchaus regen Publikumsverkehr. Doch welchen Nutzen können die gebeutelten Einzelhändler daraus ziehen? Denn gleichzeitig steht fest: Die Kauflust der Kunden hält sich in Grenzen. Woran liegt das und wie groß ist der Schaden bisher?

Der Non-Food-Einzelhandel rechnet mit bis zu 36 Milliarden Euro Umsatzausfall

Gerrit Heinemann, Professor für Management und Handel an der Hochschule Niederrhein, hat die Wirkung der Krise auf die Filialen des Non-Food-Einzelhandels berechnet. „Bisherige Prognosen von 64.000 Geschäftsaufgaben bis 2030 werden sich bereits dieses Jahr erfüllen“ sagt Heinemann. „Es könnten sogar 200.000 werden.“ Bis Jahresende schätzt Heinemann den Umsatz der Händler um 24 bis 36 Milliarden Euro unter Vorjahr. Daran werden aller Voraussicht nach auch weitere Lockerungen nichts ändern können. Die potentiellen Kunden sind verunsichert. Die vielen ungewohnten Regeln verderben vielen die unbeschwerte Shoppinglaune.

Regeln befolgen hat mit Bummeln nichts zu tun

Das heitere Verabreden zum Bummeln und Shoppen gleicht momentan eher einem angestrengten Spießrutenlauf zwischen Ge- und Verboten. Maskenpflicht! Abstandsstreifen auf dem Boden! Plexiglasschutz an den Kassen! Zugangsbeschränkungen! Je nach Bundesland darf sich nur ein Kunde auf zehn oder zwanzig Quadratmeter Ladenfläche aufhalten. „Wir sehen angesichts der vielen ungewohnten Regeln eine große Verunsicherung bei den Kunden“, sagt S.-Oliver-Chef Lahrs, der dennoch registriert, dass seine Kunden in den Läden auch kaufen. Vielen anderen Firmen geht es da anders. So beklagt beispielsweise der Vorstand des German Council of Shopping Places, Harald Ortner, dass mancher Kunde den Kauf abbräche, weil er auf den Einlass warten muss. Zudem beobachte er Menschen, die einfach nur so durchs Shoppingcenter liefen oder maximal schnell das kauften, was sie benötigen.

Die Kaufstimmung bei den Konsumenten trübt sich ebenfalls ein

17 Prozent der von der Unternehmensberatung McKinsey zwischen dem 30. April und dem 3. Mai befragten Menschen erwartet eine lang anhaltende Rezession, Mitte April waren nur 13 Prozent so pessimistisch. 41 Prozent der Befragten wollten abgesehen von Lebensmitteln weniger einkaufen. Mehr als die Hälfte der Menschen sei sehr bis extrem besorgt über die Situation der deutschen Wirtschaft. Überdies ist interessant zu beobachten, dass der stationäre Einzelhandel in den vergangenen Jahren trotz verlorener Marktanteile (zumeist an das Online-Geschäft) nie wesentliche Umsatzrückgänge in Kauf nehmen musste. Das ist nun anders. Viele Menschen hätten nun gewissermaßen aus der Not heraus gelernt, was online alles möglich ist und werden das – aus ganz pragmatischen Erwägungen heraus – in naher Zukunft auch nicht wieder vergessen. Die Folge: Abgesehen von Supermärkten verlieren momentan noch mehr stationäre Händler an die Onlinekonkurrenz. Und scheinbar nützen da auch die jüngsten Lockerungen wenig.

Nicht nur die Kauflust der Kunden hält sich also in Grenzen. Es scheint generell so zu sein, dass die Rückkehr in eine wie auch immer geartete Normalität begleitet sein wird von nachhaltigen Erschütterungen und Verschiebungen.