An jedem zweiten Sonntag im Mai ist es wieder soweit: Am Muttertag schicken die Kinder eine Grußkarte oder kaufen ein paar Blumen – zur Not an der Tankstelle. Das hatte die Gründerin des Feiertags nicht im Sinn.Wir werfen einen Blick in die ideengebende Historie und schauen auf aktuelle Umsatzzahlen. Muttertag: Dankbarkeit oder Kommerz?
Die Mutter aller Muttertage: Ann Maria Reeves Jarvis
Die Ursprünge des Muttertags gehen bis in die Antike zurück. So verehrten die Griechen Rhea, die Göttin der Behaglichkeit, der Fruchtbarkeit und der Mutterschaft. Der Großen Göttermutter Kybele huldigten sowohl Griechen als auch Römer.
Im 19. Jahrhundert entstand dann der Vorläufer des heutigen Muttertags. Die US-Amerikanerin Ann Maria Reeves Jarvis hatte sich der Wohltätigkeit verschrieben und organisierte um 1865 während des amerikanischen Bürgerkrieges sogenannte Mütter-Freundschaftstage. Ziel war es, die Verwundeten zu versorgen. 1870 gründete die Frauenrechtlerin Julia Ward Howe eine Mütter-pazifistische Friedenstag-Initiative: Kein Sohn sollte mehr sinnlos in irgendwelchen Kriegen geopfert werden.
Der Muttertag: Ein Exportschlager aus den USA
Als eigentliche Begründerin gilt aber Anna Marie Jarvis, die Tochter von Ann Maria Reeves. Als ihre Mutter starb, veranstaltete sie am 12. Mai 1907 in der Methodistenkirche von Grafton (West Virgina) ein Gedächtnis-Muttertagstreffen. Nur ein Jahr später wurde auf ihr Drängen allen Müttern eine Andacht gewidmet. Dabei ließ sie 500 weiße Nelken vor der örtlichen Kirche an andere Mütter austeilen. Schließlich schrieb sie Briefe an Politiker, Geschäftsleute, Geistliche und Frauenvereine und machte sich für die Einführung eines offiziellen Feiertags stark. Die Bewegung wuchs sehr rasch an, bereits 1909 wurde der Muttertag in 45 Staaten der USA gefeiert und breitete sich von dort rund um den Globus aus.
Unsere Mütter waren uns 2019 851 Millionen Euro wert
Ausgerechnet die Begründerin des Feiertags kämpfte später erbittert und erfolglos für seine Abschaffung: Anne Marie Jarvis kritisierte die Geschäftemacherei rund um den Muttertag und betonte immer wieder, es ginge um Gefühl und nicht um Profit. Man solle seine Mutter mit Briefen ehren, statt Geld für Blumen, Geschenke und teure Grußkarten zu verschleudern.
Zu spät: Bis heute wird der Muttertag zwar immer wieder kritisiert, doch abgeschafft wird er wohl nicht mehr. Denn: „Der Muttertag bringt wichtige Umsatzimpulse für viele Handelsunternehmen. Der zweite Sonntag im Mai ist ein etablierter Kaufanlass bei den Verbrauchern“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Das zeigten die Ergebnisse einer HDE-Umfrage unter 1.500 Verbrauchern aus dem Jahr 2019. Demnach wollten im vergangenen Jahr 28 Prozent der Befragten gezielt Produkte zum Muttertag einkaufen. Knapp 88 Prozent davon tätigen jedes Jahr entsprechende Ausgaben, nur rund zehn Prozent beschenkten ihre Mütter im letzten Jahr ausnahmsweise. Knapp zwei Drittel griffen dabei bei Blumen, ein Viertel bei Lebensmitteln und 18 Prozent bei Produkten aus dem Bereich Parfüm und Kosmetik zu. In absoluten Zahlen stehen die Blumen zum Muttertag damit für einen Umsatz von 234 Millionen Euro.
Muttertag: Dankbarkeit oder Kommerz? Wahrscheinlich eine Melange aus beidem. Wenngleich immaterieller, dafür aber inniger Dank sicherlich von allen Müttern dieser Erde immer gerne der Vorzug gegeben wird.